Das Reversionspendel –
eine Präzisionsmessung der Erdbeschleunigung mit einfachsten Mitteln

von:
Dr. Joachim Bolz
Paul-Klee-Gymnasium
51491 Overath
 

Die Bestimmung der Erdbeschleunigung mit dem Reversionspendel ist eine klassische Methode, die mit einfachsten experimentellen Mitteln als Praktikumsversuch durchgeführt werden kann und dabei bei einiger Sorgfalt g-Werte mit besser als ..... Promille Genauigkeit liefert. Dazu ist die Diskussion und Berücksichtigung der verschiedenen Fehlerquellen erforderlich, worin u.a. der Reiz dieses Experiments liegt. Die erreichbare Genauigkeit ist groß genug, um die Ortsabhängigkeit von g eindeutig nachzuweisen und eignet sich daher auch für ein Projekt, an dem sich mehrere Arbeitsgruppen aus unterschiedlichen Gegenden Deutschlands beteiligen könnten.

Im Prinzip eignet sich die Messung von  Schwingungsdauer und Länge eines mathematischen Pendels wegen T = ..... zur Bestimmung von g. Das  Problem besteht dabei in der genauen Messung von l, dem Abstand des wahren Drehpunkts des Pendels vom Schwerpunkt der möglichst punktförmigen Masse. Eine genaue Bestimmung von T erfordert ein Pendel, das lange ohne Antrieb schwingt, also eine möglichst große Masse hat, was sich wiederum schwer mit der Punktförmigkeit der Masse in Einklang bringen lässt.
Das Reversionspendel vermeidet diese Schwierigkeit  Es  handelt es sich dabei um ein physikalisches Pendel, das um zwei unterschiedliche Drehpunkte schwingen kann. Neben der Schwingungsdauer muss  nur der exakte Abstand dieser beiden Drehpunkte gemessen werden, was wesentlich einfacher und genauer möglich ist als die Messung des Schwerpunkts einer ausgedehnten schwingenden Masse.
Die Schwingungsdauer des physikalischen Pendels ist , wobei J das Trägheitsmoment des Pendels um den Drehpunkt D und l der Abstand zwischen Drehpunkt und Schwerpunkt S ist (-> Anhang 1). Als „reduzierte Länge“ lr eines solchen Pendels bezeichnet man die Länge eines mathematischen Pendels mit gleicher Schwingungsdauer, als „Schwingungsmittelpunkt“ Sm  denjenigen Punkt auf der Verbindungslinie D–S, der von D den Abstand lr hat. Es zeigt sich, dass sich die Schwingungdauer eines physikalischen Pendels nicht ändert, wenn man  den Drehpunkt in den Schwingungmittelpunkt verlegt, das Pendel also umkehrt und um den Schwingungmittelpunkt schwingen läßt („Reversion“ = Umkehrung, -> Anhang 2). Hat man also die beiden Punkte D1 und D2 gefunden, die bei ein und demselben Pendel gleiche Schwingungsdauern T1 = T2 = T  liefern, dann ist deren Abstand lr, und die Erdbeschleunigung lässt sich mit der Formel  bestimmen. Statt bei festem Pendel die Drehpunkte zu verändern, hält man besser die Drehpunkte fest und verändert den Schwerpunkt des Pendels durch Verschieben eines Gewichts. Hierzu genügen auch endlich viele Positionen des Gewichts, die so gewählt werden, dass beim Verschieben  zwischen den äußersten Lagen des Gewichts die beiden Schwingungsdauern T1 und T2 um die Drehpunkte D1 bzw.  D2 ihre Größen von T1 < T2 nach T1 > T2 ändern.
Bei dem von uns  verwendeten Pendel (s. Skizze) ist das der Fall.

Als Schneide wird eine Rasierklinge verwendet, die in die gesägte Kerbe eines kurzen Messingstabes  eingeklebt wurde:

Bei der Messung wird das Pendel vorsichtig auf die Schneide gesetzt und dann für alle Positionen des Gewichts die beiden Schwingungsdauern bestimmt.

    

Zur Bestimmung von T = T1 = T2 trägt man T1 und T2  gegen die Position p des Gewichtes auf und bestimmt den Schnittpunkt (p,T) der beiden Geraden T1(p) und T2(p). T ist dann die gesuchte Schwingungsdauer.

Ziel des hier beschriebenen Experiments soll eine mit dem vorliegenden Pendel möglichst genaue Bestimmung von g sein. Bevor man das Experiment durchführt, muss man sich daher überlegen, mit welcher Genauigkeit die Größen ls und T bestimmt werden müssen, da beide zum Fehler von g beitragen. Während die Genauigkeit von T durch Erhöhung der Messzeit leicht erhöht werden kann, ist ls die Größe, die die Genauigkeit des Endergebnisses bestimmt. Zunächst wird daher der Abstand der beiden Kerben, um die das Pendel im Betrieb schwingt, möglichst genau gemessen. Zur Messung wird ein gutes Edelstahl-Bandmass und eine Lupe zum Ablesen verwendet. Vorsicht! Einfache Bandmaße aus dem Baumarkt zeigen bis zu 1mm Unterschied bei einer Messlänge von einigen Metern. Das ist für dieses Experiment nicht tolerierbar. Das Bandmass wird bei jeder Messung neu auf das Pendel gelegt und mit Klebeband fixiert. Vorsichtshalber wird auch die Temperatur bestimmt, bei der die Messung stattfand, da in diesem Stadium noch nicht klar ist, ob möglicherweise die Temperaturausdehnung des Pendels berücksichtigt werden muss. Man liest jeweils neu die Lage der linken und der rechten Kerbe ab. Bei einer Messreihe ergaben sich so folgende Werte:
 

linke Kerbe [cm] rechte Kerbe [cm] ls [cm]
104,48 40,04 68,44
105,08 36,64  68,44
113,26 44,84 68,42
118,32 44,84 68,42
124,35 55,93 68,42
143,02 74,60  68,42
138,24 69,80 68,44
132,56 64,12 68,44
117,45 49,02 68,43
120,52  52,09  68,43

Daraus folgt: ls = (68,430 ± 0,003) cm.

Mit dieser relativ primitiven Methode läßt sich also ls mit  einer Genauigkeit von  0,04 Promille bestimmen. Da wegen g = .....        die Zeit T doppelt gewichtet in das Endergebnis eingeht, muss T auf ca. 0,02 0/00 = 2×10-5 genau bestimmt werden, um einen ebenso großen Betrag zum Fehler des  Endergebnisses zu liefern wie ls. Eine einfache Stoppuhrmessung hat eine Genauigkeit von. dt ~ 0.1s. Für die Zahl N der gemessenen Schwingungen muss also gelten:
dt /( N T ) <=  2×10-5, N×T >= 0.1s / 2×10-5 = 5000s ~ 1.4 h. Es ist klar, dass das verwendete Pendel so lange ohne Antrieb nicht mit ausreichender Ampli-tude schwingt. Eine Messung zeigt folgendes Dämpfungsverhalten:

a) Position T1 (Gewicht unten)
 
N T /s Amplitude am Pendelende in cm

b) Position T2 (Gewicht oben)
 
N T /s Amplitude am Pendelende in cm

Man muss also eine genauere Zeitmessung wählen. Verwendet man eine Lichtschranke, dann wird dt ~ 0.001 s und man kommt mit ca. 50s ~ ..... T Gesamtmesszeit aus.

In der folgenden Messreihe wurden daher etwa ..... Schwingungen ..... mal ausgemessen:


Anhang
 

1) Schwingungsdauer des physikalischen Pendels


Das (rücktreibende) Drehmoment ist

eingesetzt in die Bewegungsgleichung

mit

ergibt sich eine harmonische Schwingung

also

2) Reversion und reduzierte Pendellänge

Im Folgenden ist J1,2 = Trägheitsmoment des Pendels um D1 bzw. D2, JS = Trägheitsmoment des Pendels um den Schwerpunkt S.

Die reduzierte Pendellänge lr  ist definiert durch

also

Für die Schwingungsdauer T2 um D2 gilt