Die Mondentfernung aus einer Finsternisaufnahme

von:
Dr. Joachim Bolz
Paul-Klee-Gymnasium
51491 Overath
 

Die totale Mondfinsternis vom 9. Januar 2001 gab wieder einmal die Gelegenheit, die Finsternisphasen zu verfolgen und zu fotografieren. Neben der Mondparallaxe ist die Auswertung einer solchen Beobachtung die zweite einfache Methode zur Bestimmung des Monddurchmessers und der Mondentfernung.
Die Idee ist anders als bei der Parallaxe: Bei einer Mondfinsternis beobachtet man gleichzeitig den Mond und den Erdschatten. Bei bekannter Größe der Erde liefert der Schatten sozusagen einen Maßstab am Himmel, mithilfe dessen man den Monddurchmesser ablesen kann. Daraus folgt dann mit dem bekannten Sehwinkel des Mondes von 0,50° sein Abstand. Dabei muss natürlich berücksichtigt werden, dass der Erdschatten mit wachsender Entfernung kleiner wird. Hierzu benötigt man ebenfalls nur einen scheinbaren Durchmesser, nämlich den Winkeldurchmesser der Sonne, der bei der hier zu erzielenden Genauigkeit ebenfalls mit 0,50° angesetzt werden kann.

mond20_11.jpg
Quelle: VdS: http://www.vds-astro.de/. Weitere Aufnahmen von Mondfinsternissen findet man bei Fred Espenak von der NASA: http://www.mreclipse.com/LEphoto/LEgallery1.html. Die Eclipse-Seite von Espenak (http://sunearth.gsfc.nasa.gov/eclipse/eclipse.html) ist übrigends die erste  Adresse für alle Informationen über vergangene und zukünftige Finsternisse.

Zur Auswertung bestimmt man z.B. aus der obigen Aufnahme zeichnerisch möglichst genau den Mondradius und den Radius des Erdschattens. Insbesondere der Schattenradius lässt sich nur genau bestimmen, wenn die Schattengrenze stark genug belichtet wurde. Nach geeignetem Vergrößern und Kopieren auf ein Arbeitsblatt habe ich die Radien von meinem Kurs bestimmen lassen und dann aus den recht stark streuenden Werten Mittelwerte und Standardabweichungen bestimmt. Es ergab sich

rM = (1,74 ± 0,03)cm; rS = (3,85 ± 0,19)cm,   s = rM / rS =  0,452 ± 0,031 (Größtfehler).

Sicher lassen sich aus besseren Aufnahmen wesentlich  genauere Werte ermitteln.


Auswertung:

1. Methode

Die erste Methode zur Auswertung verzichtet weitgehend auf das Lösen von Gleichungen und verwendet nur elementare Rechnungen:

Wäre die Sonne unendlich weit entfernt und punktförmig, dann wäre der Radius des Erdschattens RS überall gleich dem Erdradius RE. Für den Mondradius ergäbe sich dann in erster Näherung

RM = s × RS =  s × RE = s × 6371km = 2880km

und für die  Mondentfernung

dM = 2 rM / 0,50°  = 660000km (° = 1 Grad = p/180).

Nun muss berücksichtigt werden, dass sich der Erdschatten kegelförmig verjüngt.
Die Lage der Spitze dieses Schattenkegels läßt sich leicht ermitteln: Der Schatten endet dort, wo die Erde am Himmel genauso groß erscheint wie die Sonne, also dort, wo die Erde  unter einem Sehwinkel von a = 0,50° erscheint. Damit wird

ds = 2 RE /0,5° = 1460100km.

Der wahre Radius des Erdschattens im oben berechneten Abstand dm ist daher

RS = RE × (dS - dM)/dS = 3491km.

In nächster Näherung ist dann der Mondradius

RM = s × RS = 0,452 × 3491km = 1578km.

Dieses Verfahren kann man fortsetzen. Mit dem neuen Monddurchmesser berechnet man eine neuen Mondentfernung, damit wieder einen neuen Schattendurchmesser usw., bis Konvergenz erreicht ist.

Der Excel-file mofi.xls demonstriert  das Verfahren. Man erhält schließlich

rM = 1983km    und dM =  454000km .
 

2. Methode

Natürlich läßt sich das Problem auch exakt behandeln:

Der Mondradius ist

RM = s × RS.

Für den Schattendurchmesser im Abstand dM  gilt

RS = RE × (dS - dM)/dS = RE × (1 - dM/dS), also

RM = s × RE × (1 - dM/dS).

Andererseits hängen Mondradius und Mondentfernung mit dem Sehwinkel des Mondes (a = 0,50° ) zusammen:

2 RM / dM = a.

Genauso hängen Erdradius und die Länge des Schattenkegels mit dem Sehwinkel der Sonne (ebenfalls a = 0,50°) zusammen:

2 RE / dS = a. Also gilt:

dM/dS = RM / RE .

Einsetzen liefert

RM = s × RE × (1- RM / RE ).

Nach RM aufgelöst:

RM = RE × s /(1+s).

Mit s = 0,452 ± 0,031 ergibt sich

RM = (1983 ± 92) km und der Mondabstand dM =  (454000 ± 20000) km.
 
 

Die exakten Wert sind bekanntlich

RM = 1738km und dM =  383000km.